Das MausNet® ist gleichzeitig eines der ältesten und eines der jüngsten deutschen Mailboxnetze. Die Anfänge des MausNet® reichen ins Jahr 1984 zurück, als sich einige Münsteraner Apple-Fans um Jörg Stattaus und Gereon Steffens zusammenfanden um eine Mailboxsoftware zu schreiben. So steht denn auch der Name Maus für "Münster Apple User Service".
Vernetzte Mailboxen gab es damals außer eine handvoll Fido-Boxen noch nicht, und die restlichen Systeme auf C64-Basis mußten wohl grausam zu bedienen sein: kryptische Kürzel und Zahlenkombinationen führten durch das System. Es fehlte an Struktur und Komfort. Das unbedingte Ziel der Mausprogrammierer war eine benutzerfreundliche, deutschsprachige Software. Zur Benutzerfreundlichkeit zählte von Anfang an die Verwendung von deutschen Umlauten für eine möglichst breite Palette an Betriebssystemen und die hervorragende Kommentarverkettung. Diese macht großräumiges Zitieren von Bezugsnachrichten unnötig, weil ein Kommentar automatisch mit der vorhergehenden Nachricht und mit eventuellen Parallelkommentaren verkettet ist. So spielt sich eine lebhafte Diskussion um ein Thema immer in einem jederzeit nachvollziehbaren Kommentarbaum ab, in dem man bequem manöverieren kann. Diese beiden grundlegenden Funktionen des MausNet® haben andere Netze erst nach und nach entwickelt und stellenweise heute, 11 Jahre nachdem das MausNet® sie eingeführt hat, immer noch nicht komplett implementiert.
Die Netzwerkfunktionen kamen aber erst 1988 zur Software hinzu. Vorher waren die Maus-Mailboxen unvernetzte Systeme, die jedoch sehr eng miteinander in Kontakt standen und auch schon gegenseitig ihren Dateibestand austauschten. Durch das relativ späte Einführen des Netzbetriebes konnte man aus den Fehlern und den Erfolgen anderer Netze lernen. Vor 1988 hatte sich das FidoNet schon etabliert, und zeitgleich mit der Maus-Software entstand die Zerberus-Software von Wolfgang Mexner, die beinah von Anfang an für den Netzbetrieb vorgesehen war.
So wurde im MausNet® die heute überall ausser im FidoNet übliche Domainadressierung "User @ Adresse" eingeführt. Auch sonst zeigte sich das MausNet® aufgeschlossen und kontaktfreudig. Sehr früh wurden Gateways zum FidoNet und zum Z-Netz, später auch zum SubNet und zum Usenet aufgemacht. Die Adressierungen dieser Netze wurden von vorneherein transparent übernommen. Jede im Usenet gültige Adresse kann auch vom MausNet® aus genutzt werden. Sogar die Spezialität der Fido-Adressierung bleibt im MausNet® erhalten. "Hans Meyer 2:2452/130.1" würde im MausNet® zu "Hans Meyer @ FIDO 2:2452/130.1" anschreiben können.
Diese Offenheit und der Wunsch, konstruktiv und gleichberechtigt mit anderen Netzen zusammenzuarbeiten führte maßgeblich zu den "GateBau-Konferenzen", die einheitliche Standards für den Betrieb von Gateways erarbeitet haben und so Dupes (doppelte Messages) und Nopes (verschwundene Messages) vermeiden half. Darüberhinaus gehörte das MausNet® 1991 zu den Gründungsmitgliedern des Individual Network e.V., der Privatpersonen einen preiswerten Zugang zum Internet schafft.
Als weitere Besonderheit zu den anderen Netzen verfügt das MausNet® über eine absolut starre Baumstruktur. Der Haupt-Nachrichtenaustausch zwischen 3:00h und 4:00h morgens findet zunächst von den End- oder Blattsystemen des Baumes hin zur Wurzel hin statt, dann dreht sich die Richtung um und die Wurzel versorgt über die einzelnen Äste die anderen Systeme. So ist sichergestellt, daß jede Box im Rahmen eines festen Timings sowohl sendet als auch empfängt. Daher kann das MausNet® als einziges Netz eine Nachrichtenlaufzeit von maximal einem Tag garantieren. Durch (nicht obligatorische) zusätzliche Netze ist die Geschwindigkeit in den meisten Ästen aber schneller und liegt bei einem halben Tag.
Die eher bescheidene Größe des MausNet® ist gewollt. Es war von jeher die Politik der Netzgemeinschaft, das Wachstum aktiv zu steuern. So muß ein potentieller neuer Sysop schon einige Zeit im MausNet® als User oder Cosysop aktiv sein. Die potentielle neue Box muß über einen eigenen Telefonanschluß und ein Highspeed-Modem verfügen. Darüberhinaus muß der Betreiber in spe eine kurze Vorstellung seiner Person abgeben und sich ggf. den Fragen anderer Sysops stellen. Erst wenn die Sysopgemeinschaft zustimmt, kann der Aspirant eine neue Maus eröffnen. Diese Vorgehensweise hat dem MausNet® vielfach den Ruf eingebracht, arrogant zu sein. Sie half aber auch, das Netz stabil und die Fluktuation im Vergleich zu anderen Netzen ausgesprochen niedrig zu halten. Maus-Mailboxen bestehen üblicherweise jahrelang und werden wenn es wirklich nicht anders geht an den Cosysop "vererbt", aber sie machen in der Regel nicht zu.
Die Maus-User hingegen genießen den von mehreren Studien untermauerten Ruf, die freundlichsten Netzteilnehmer zu sein. Das MausNet® selbst soll von der Kompetenz und der Fachlichkeit der Beiträge her sehr niveauvoll sein. Ein guter Teil dieses Rufes stammt jedoch aus der Hoch-Zeit der Atari-Ära, in der buchstäblich alles, was in der Szene Rang und Namen hatte, im MausNet® vertreten war. Diese Gurus sind immer noch im MausNet®, der Atari hat aber an Bedeutung verloren. Eine ähnliche Bedeutung könnte das MausNet® aber wieder für den Bereich Linux68K bekommen [siehe c't 10/95 Seite 294].
Zur Adressbildung im MausNet® sei noch erwähnt, daß sich das Kürzel der Mailbox aus dem KFZ-Kennzeichen der jeweiligen Stadt bildet. Bei mehreren Mäusen in einer Stadt wird das Kürzel um eine Numerierung erweitert. So ist "Hans Meyer @ HH3" ein User der dritten Maus in Hamburg.
Anzahl Boxen: 50 Aktive Userzahl (geschätzt) 4.000 - 6.000 Anzahl Newsgroups ca. 320 Davon ins Usenet exportiert ca. 40% Davon importiert ca. 10% Nachrichten-Laufzeiten: maximal 1 Tag (durch die Netzstruktur garantiert) Maximale Nachrichtengröße: 16.000 Byte Verteilt über mehrere: 64.000 Byte Sprache: Deutsch Verfügbarkeit: Ballungsgebiete in Norddeutschland, Nordrhein-Westfalen, Rhein/Main und Großraum Stuttgart, ansonsten in jeder mittelgroßen Stadt. Unterversorgt sind Rheinland-Pfalz und Ostdeutschland Newsgroups werden teilweise in die Usenet-Hierarchie maus.* eingespeist Organisation: Sysop-Basisdemokratisch, weiträumiges Mitsprachrecht der User. Ein dreiköpfiges "Abstimmungsleiter-Team" organisiert Abstimmungen Ausrichtung/Philosophie: Je 50% Technische und Allgemeine Themen Netz Kommerz: Verboten Mailgeheimnis: wird gewahrt (siehe Kasten PM-Manifest) Verschlüsselung: erlaubt und erwünscht Point-Möglichkeit: Ja Point-Software: Minnie, Crosspoint (DOS), Cat (Atari) u.a. Connectivity: Internet und Z-Netz Kosten: grundsätzlich kostenlos, erweiterter Zugriff gegen Unkostenbeteiligung (typischerweise 10.- bis 25.- Euro pro Jahr)